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Mehr Entlastung durch Teilzeit?

Die Beanspruchungssituation von Vollzeit- und Teilzeitlehrkräften im Vergleich

Uwe Schaarschmidt & Andreas W. Fischer

Einführung

Die meisten Lehrerinnen und Lehrer, die sich für eine Teilzeitbeschäftigung entscheiden, tun dies mit der Erwartung, die berufliche Beanspruchung zu verringern. Doch unsere früheren Studien zur Lehrergesundheit legen nahe, dass diese Erwartung oftmals nicht aufgeht. Beim Vergleich von Vollzeit- und Teilzeitlehrkräften zeigte sich, dass sich die Beanspruchungssituation letzterer ungünstiger darstellte (Schaarschmidt, 2005).

Nun sind seit diesen Studien etliche Jahre vergangen. Uns interessierte, ob sich das Ergebnis auch heute noch so bestätigen lässt. Und es ging uns noch um eine weiterführende Frage: Gilt die Aussage zu Ungunsten der Teilzeit generell oder ist eine Differenzierung nach dem Ausmaß der Arbeitszeitminderung angebracht? Wir unterschieden zu diesem Zweck nach zwei Gruppen von Teilzeitlehrkräften: 1. Gruppe: 60-90 % Arbeitszeit, 2. Gruppe: bis 50 % Arbeitszeit.

Die Erhebungen, auf die wir uns hier beziehen, wurden in den Jahren 2012-2017 im Rahmen unseres Programms Denkanstöße! durchgeführt (Näheres dazu s. Schaarschmidt & Fischer, 2013). Einbezogen waren insgesamt 9820 Lehrpersonen aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland: 7856, Schweiz: 1170, Österreich: 656, Liechtenstein: 138). Gut zwei Drittel waren Lehrerinnen, ein knappes Drittel Lehrer. Nach ihrem Beschäftigungsanteil verteilten sie sich wie folgt: Vollzeit: 5886, Teilzeitgruppe 1 (60-90 %): 2645, Teilzeitgruppe 2 (bis 50 %): 1289.

Wir verglichen nun die Beanspruchungssituation dieser drei Gruppen. Für die Vergleiche zogen wir Daten aus drei Ebenen heran:

Erstens: Aussagen zum Verhalten und Erleben in Bezug auf die beruflichen Anforderungen
Zweitens: Angaben zu Beeinträchtigungen und Beschwerden
Drittens: Einschätzungen zu äußeren Bedingungen der Arbeitssituation

Aussagen zum Verhalten und Erleben in Bezug auf die beruflichen Anforderungen

Diese Aussagen wurden mittels des Verfahrens AVEM gewonnen (Schaarschmidt & Fischer, 2008a), das seit Jahren den Kern unserer Untersuchungen zur Belastung und psychischen Gesundheit im Lehrerberuf ausmacht (vgl. u. a. Schaarschmidt, 2005; Schaarschmidt & Fischer, 2013). Deshalb nimmt dieser Teil der Erhebung auch den größten Platz in der folgenden Darstellung ein.

Mit dem AVEM werden drei Bereiche arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens erfasst, die durch 11 Merkmale untersetzt sind:

  1. Engagement gegenüber Arbeit und Beruf (Bedeutsamkeit der Arbeit, Beruflicher Ehrgeiz, Verausgabung, Perfektionsstreben),
  2. Widerstandskraft in Bezug auf die beruflichen Anforderungen (Distanzierungsfähigkeit (abschalten können) Resignationstendenz bei Misserfolg (hier weist eine geringe Ausprägung auf höhere Widerstandsfähigkeit hin), Offensive Problembewältigung, Innere Ruhe und Ausgeglichenheit),
  3. Berufsbegleitende Emotionen (Erfolgserleben im Beruf, Lebenszufriedenheit, Erleben sozialer Unterstützung).

Das Zusammenwirken dieser drei Bereiche schlägt sich in vier Mustern arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens nieder, denen die Antworten der Personen zugeordnet werden können[1]. Die vier Muster lassen sich wie folgt beschreiben:

Muster G (Gesundheit): günstige Ausprägungen in allen drei Bereichen, d. h. stärkeres (aber nicht überhöhtes) berufliches Engagement, psychische Widerstandskraft gegenüber den Belastungen des Berufsalltags, Zufriedenheit und Wohlbefinden

Muster S (Schonung bzw. Schutz): verhaltenes berufliches Engagement bei vorhandener Widerstandsfähigkeit und (relativer) Zufriedenheit (die ihre Quelle eher außerhalb der Arbeit hat)

Muster A (Anstrengung): überhöhtes Engagement bei verminderter Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen, in der Regel verbunden mit Einschränkungen in der Lebenszufrieden­heit und im Erleben sozialer Unterstützung

Muster B (Burnout): niedrige Werte in den Merkmalen des Arbeitsengagements, stark eingeschränkte Widerstandskraft und negative Emotionen (geringe Ausprägungen im beruflichen Erfolgserleben und der Lebenszufriedenheit).

Zusammenfassend sei zur Kennzeichnung der Muster festgehalten: Muster G steht für (psychische) Gesundheit und Arbeitsfreude. In ihm vor allem, aber auch in Teilen des Musters S, kommen Ressourcen für eine gesundheits- und persönlichkeitsförderliche Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Berufes zum Ausdruck. Dagegen stellen A und B Risikomuster dar. In ihnen manifestieren sich gesundheitsgefährdende Entwicklungen bzw. schon vorliegende gesundheitliche Beeinträchtigungen. Und dabei liegt für B die größte Problematik vor. Das durch Resignation und Erschöpfung gekennzeichnete Bild entspricht den späten Phasen eines Burnout-Prozesses, wobei von Burnout speziell in den Fällen gesprochen werden sollte, in denen die Entwicklung vom Muster A zum Muster B verlief.

In Abbildung 1 sind die Musterverteilungen für die Gruppe der Vollzeitlehrkräfte und die beiden Gruppen der Teilzeitlehrkräfte dargestellt[2]. Es wird ersichtlich, dass für die Vollzeitlehrkräfte zumindest in zwei entscheidenden Punkten günstigere Ergebnisse vorliegen: Sie weisen den höheren Anteil an G-Mustern und den geringeren an Risikomustern B auf. Hier besteht Übereinstimmung mit unseren oben erwähnten früheren Untersuchungen. Übrigens lässt sich dieser Trend für alle einbezogenen Länder sowie auch – bei getrennter Betrachtung – für Männer und Frauen bestätigen (wobei, wiederum in Übereinstimmung mit unseren bisherigen Befunden, die Musterkonstellationen der Männer insgesamt ein geringeres Beanspruchungserleben anzeigen als die der Frauen).

Aus Abbildung 1 geht aber im Weiteren auch hervor, dass der Vorteil der Vollzeitlehrkräfte in besonderem Maße beim Vergleich mit der ersten Teilzeitgruppe (60-90 %) gilt. Gegenüber dieser Gruppe lassen die Teilzeitlehrkräfte der zweiten Gruppe (bis 50 %) ebenfalls ein günstigeres Bild erkennen (mehr G, weniger B). Hervorzuheben ist im Weiteren, dass sie im Vergleich aller drei Gruppen die geringste Anzahl des Überforderungsmusters A aufweisen und komplementär dazu den höchsten Prozentsatz des Musters S. Kurzum: Die Beanspruchungssituation der zweiten Teilzeit-Gruppe (bis 50 %) stellt sich zwar auch etwas ungünstiger dar als die der Vollzeitlehrkräfte, doch auf jeden Fall günstiger als die der ersten Teilzeitgruppe mit dem höheren Arbeitszeitanteil (60-90 %).

Über die Musterauswertung hinausgehend sind in Abbildung 2 die Gruppenvergleiche zu den 11 Merkmalen des AVEM dargestellt. Hervorzuheben sind dabei die folgenden Besonderheiten:

  • Die Vollzeitlehrkräfte weisen höhere Ausprägungen in den Merkmalen Bedeutsamkeit der Arbeit, Beruflicher Ehrgeiz, Erfolgserleben im Beruf und einen geringen Wert in Resignationstendenz auf[3].
  • Die Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 1 (60-90 %) lassen in allen Merkmalen, die die Widerstandskraft ausmachen, ungünstige Werte erkennen (geringe Ausprägungen in den Skalen Distanzierungsfähigkeit, Offensive Problembewältigung, Innere Ruhe und Ausgeglichenheit, hohe Ausprägung in Resignationstendenz). Auch fallen die Werte im Bereich der berufsbegleitenden Emotionen (Lebenszufriedenheit und Erleben sozialer Unterstützung) ab.
  • Die Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 2 (bis 50 %) zeigen eine geringe Ausprägung in Verausgabung und eine hohe in Distanzierungsfähigkeit (abschalten können).

Es kommt also in dieser Darstellung noch anschaulicher zum Ausdruck, unter welchen inhaltlichen Aspekten sich die Beanspruchungssituation der drei Gruppen unterscheidet und was speziell das stärkere Beanspruchungserleben der ersten Teilzeitgruppe (60-90%) ausmacht.

Angaben zu Beeinträchtigungen und Beschwerden

Die AVEM-Ergebnisse werden durch Angaben zu psychischen und körperlich-vegetativen Beeinträchtigungen und Beschwerden ergänzt, also durch die Erfassung von Belastungssymptomen. Zu diesem Zweck kam die Beschwerdenliste BESL zum Einsatz (Schaarschmidt & Fischer, 2008b). Es wird hier nach 5 Beschwerdebereichen differenziert, die sich für den Lehrerberuf als besonders bedeutsam erwiesen haben:

  • Herz-Kreislauf- und vegetative Beschwerden
  • Emotionale Beeinträchtigungen
  • Schlafstörungen
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Erschöpfungszustände

Die Bereiche werden dann nochmals in einem Gesamtwert Beschwerden (gesamt) zusammengefasst, um auch eine übergreifende Beurteilung des Ausmaßes erlebter Beschwerden und Beeinträchtigungen zu ermöglichen. In aller Regel geht ein erhöhtes Beschwerdeniveau mit der Zugehörigkeit zu den Risikomustern A und (vor allem) B im AVEM einher.

Aus Abbildung 3 ist der Vergleich der drei Gruppen Vollzeitlehrkräfte, Teilzeitgruppe 1 (60-90 %) und Teilzeitgruppe 2 (bis 50 %) zu entnehmen. Es zeigt sich zunächst, dass die Vollzeitlehrkräfte und Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 2 in ihren Angaben zu Belastungssymptomen relativ eng beieinander liegen. Statistisch gesicherte Unterschiede (und zwar zum Nachteil der Vollzeitlehrkräfte) treten in zwei Merkmalen auf: Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie Erschöpfungszustände. Im Weiteren ist hervorzuheben, dass sich die Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 1 (60-90 %) von den beiden anderen Gruppen in allen Merkmalen abheben. Es liegen hier durchgängig die höheren Beschwerdeniveaus vor.

Einschätzung von Arbeitsbedingungen

Die personenbezogenen Aussagen, auf die wir bisher eingegangen sind, wurden im Weiteren durch eine Analyse der Arbeitsverhältnisse ergänzt. Dazu wurde der Arbeitsbewertungscheck für Lehrkräfte (ABC-L, Schaarschmidt, Kieschke & Fischer, 2012) herangezogen. Mit dem ABC-L werden Einschätzungen zu 15 Arbeitsmerkmalen verlangt. All diese Merkmale haben sich vor allem unter Gesundheitsbezug als bedeutsam erwiesen. Sie lassen sich vier Bereichen (A-D) zuordnen:

A. Arbeit mit Schülern und Eltern (Unterrichten, Arbeit mit Schülern über den Unterricht hinaus, Verhalten der Schüler, Verhalten der Eltern, Gespräche mit Eltern)

B. Organisation und Kooperation (Verhalten der Schulleitung, offizielle Zusammenkünfte im Kollegium, Klima im Kollegium, Arbeitsorganisation in der Schule, Schulkultur (Kultur des Miteinanders in der Schule), Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung)

C. Äußere Arbeitsbedingungen (Räumliche Bedingungen, Arbeitshygienische Bedingungen, Bereitstellung von Arbeitsmitteln)

D. Schulbezogene Arbeit zu Hause (Vereinbarkeit mit Familie, Freizeit, Erholung, …)

Aus Abbildung 4 sind die Mittelwerte der Einschätzungen in den drei Gruppen Vollzeitlehrkräfte, Teilzeitlehrkräfte 1 und Teilzeitlehrkräfte 2 zu ersehen. Es liegt in diesem Falle eine fünfstufige Rohwertskala zugrunde. Je höher die Werte sind, desto günstiger fällt die Einschätzung der jeweiligen Arbeitsbedingungen aus (unter dem Aspekt der erlebten Beanspruchung).

Zunächst stellen wir ähnliche Verläufe in den drei Profilen fest. So werden übereinstimmend die Merkmale Gespräche mit Eltern und Klima im Kollegium als recht positiv hervorgehoben und die Merkmale Verhalten der Eltern und räumliche Bedingungen am kritischsten gesehen. Für unsere Fragestellung ist aber vor allem der Vergleich im Niveau der Einschätzungen interessant. Und hier zeigt sich, dass die Vollzeitlehrkräfte und die Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 1 (60-90 %) die Arbeitsbedingungen auf nahezu gleichem (niedrigeren) Niveau einschätzen, während die Teilzeitlehrkräfte der Gruppe 2 (bis 50 %) durchgehend höhere Werte angeben, die Bedingungen also insgesamt positiver beurteilen.

Ein Fazit

Die hier berichteten Befunde bestätigen die früheren Aussagen der Potsdamer Lehrerstudie, wonach sich für Teilzeitlehrkräfte keineswegs die vorteilhafteren Beanspruchungsverhältnisse auffinden lassen. Durchgängig kommt das in den AVEM-Ergebnissen zum Ausdruck. Die Musterkonstellationen fallen für die Teilzeitbeschäftigten im Ganzen ungünstiger aus. Insbesondere ist dabei das verringerte Gewicht des „Gesundheitsmusters“ G und das höhere des problematischen, durch Resignation und Erschöpfung gekennzeichneten Musters B hervorzuheben. Dieser Trend gilt im Übrigen für Männer und Frauen wie auch für alle einbezogenen Länder in gleicher Weise.

Nun ließe sich vielleicht einwenden, dass es bevorzugt die bereits psychophysisch beeinträchtigten Lehrerinnen und Lehrer sein dürften, die sich für Teilzeitarbeit entscheiden, der Befund also durch unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen von Teilzeit- und Vollzeitlehrkräften erklärbar sei. Doch sprechen unsere früheren Untersuchungen aus der Potsdamer Lehrerstudie gegen eine solche Erklärung (Schaarschmidt, 2005). So hatten wir u. a. nach freiwilliger und durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen erzwungener Teilzeit differenzieren können (erzwungen z. B. im Grundschulbereich der neuen Bundesländer wegen der damals zu hohen Zahl von Lehrerinnen und Lehrern). Und hier zeigte sich sowohl für die freiwillige wie für die erzwungene Teilzeit eine gleichermaßen problematische Musterverteilung.

Allerdings veranlassen unsere heutigen Befunde auch zu einer differenzierteren Betrachtung. Ausgehend von der Unterscheidung nach zwei Teilzeitgruppen konnten wir unterschiedliche Beanspruchungsverhältnisse in Abhängigkeit vom Ausmaß der Stundenreduktion feststellen. Das problematischere Bild liegt danach für die Teilzeitlehrkräfte mit der geringeren Stundenreduktion vor (60-90 % Arbeitszeit). Sie weisen im Vergleich aller Gruppen die ungünstigste Konstellation in den arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmustern und auch das stärkste Ausmaß angegebener Beeinträchtigungen und Beschwerden auf. Die Betrachtung auf der Ebene der 11 AVEM-Merkmale zeigt noch konkreter, worauf sich vor allem die ungünstigere Musterkonstellation bezieht: Es sind insbesondere die Merkmale der Widerstandsfähigkeit gegenüber den Alltagsbelastungen, die problematischere Ausprägungen erkennen lassen.

Es gibt plausible Gründe dafür, dass diese Lehrkräfte einer eher kritischen Beanspruchungssituation ausgesetzt sind: Die emotionale Belastung, die im Lehrerberuf oftmals ein besonderes Problem darstellt, wird mit einer Verringerung um einige Unterrichts-Pflichtstunden in der Regel nicht abgebaut. Und zu bedenken ist, dass viele Aufgaben über den Unterricht hinaus anfallen, für die es nur bedingt Reduktionsmöglichkeiten gibt (außerschulische Verpflichtungen, Elternarbeit, Konferenzen, Vertretungen, …). So ist unterm Strich nicht die spürbare Verringerung des Arbeitsvolumens möglich, die sich die Betroffenen mit der Entscheidung für die Teilzeit erhofft hatten. Die Schule wird im Grunde nicht anders erlebt als in der Situation der Vollzeitbeschäftigung. Das spiegelt sich auch darin wider, dass diese Teilzeitlehrkräfte ihre Arbeitsbedingungen kaum anders einschätzen als die Vollzeitlehrkräfte (wie das in Abbildung 4 zum Ausdruck kommt). Oftmals bleibt für sie der einzig fassbare Unterschied das geringere Gehalt. Sie berichten nicht selten von einer erlebten Diskrepanz zwischen gefordertem Arbeitseinsatz und erhaltener Anerkennung. Gerade auch darin sehen wir einen Faktor, der das Entstehen von Risikomustern, insbesondere von Muster B, begünstigt.

Anders stellt sich die Situation der zweiten Teilzeitgruppe (bis 50 %) dar. Die Verteilung der Muster arbeitsbezogenen Verhaltens und Erlebens unterscheidet sich von der ersten Teilzeitgruppe. Zwar liegen auch hier die Zahlen der G-Muster etwas unter und die der B-Muster etwas über den Werten der Vollzeitlehrkräfte, doch gegenüber der ersten Gruppe ist die Musterkonstellation günstiger. Ein markanter Unterschied bezieht sich auf das Auftreten des Überforderungsmusters A. Dessen Anteil ist in der zweiten Teilzeitgruppe deutlich geringer. Und in Übereinstimmung damit steigt die Zahl der Muster S. Im Ganzen ist das Beanspruchungserleben dieser Gruppe durch weniger Angestrengtheit und mehr Distanzierung gegenüber den beruflichen Belangen gekennzeichnet. Das kommt noch deutlicher bei der Betrachtung der Einzelmerkmale des AVEM zum Ausdruck. Man beachte z. B. den geringen Wert in der Verausgabung und den hohen in der Distanzierungsfähigkeit. Auch zeigt sich ein Mehr an Lebenszufriedenheit, die sich aber weniger aus beruflichem Erfolgserleben speisen dürfte (siehe geringere Ausprägung in diesem Merkmal). Weiterhin besteht ein klarer Unterschied zur Teilzeitgruppe 1 im Auftreten von Beeinträchtigungen und Beschwerden (BESL). Die Werte liegen deutlich unter deren Niveau, sie sind ähnlich ausgeprägt wie die der Vollzeitgruppe, z. T. liegen sie sogar noch günstiger. Und bemerkenswert ist schließlich die durchweg positivere Einschätzung der Arbeitsbedingungen (wie sie aus Abbildung 4 hervorgeht). Darin dürfte sich ausdrücken, dass mit mehr Abstand zu den schulischen Belangen auch eine nachsichtigere und großzügigere Beurteilung der gesamten schulischen Arbeitssituation einhergeht. Die Schule mit all ihren Problemen berührt diese Lehrerinnen und Lehrer offensichtlich weniger. Der oft und gern gegebene Rat, im Interesse der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit doch mal gründlich abzuschalten, dürfte in dieser Gruppe, und zwar nur in dieser, umsetzbar sein.

Kurzum: Eine einschneidende Verkürzung der Arbeitszeit in dem Ausmaß der Teilzeitgruppe 2 ist zwar für die Identifikation mit den schulischen Anforderungen wenig förderlich, aber wohl unausweichlich, wenn eine spürbare berufliche Entlastung erzielt werden soll.

 

Literatur

Schaarschmidt, U. (Hrsg.) (2005). Halbtagsjobber? Psychische Gesundheit im Lehrerberuf. Analyse eines veränderungsbedürftigen Zustandes (2. Aufl.). Weinheim: Beltz.

Schaarschmidt, U. & Fischer, A. W. (2008a). AVEM – Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (3. erweiterte Auflage). London: Pearson. Computerversion im Rahmen des Wiener Testsystems. Mödling: Schuhfried.

Schaarschmidt, U. & Fischer, A. W. (2008b). Beschwerdenliste BESL (unveröffentlichter Fragebogen im Rahmen des online-Instruments IEGL). Wampersdorf: Coping.

Schaarschmidt, U., Kieschke, U. & Fischer, A. W. (2012). Arbeitsbewertungscheck ABC-L (unveröffentlichte überarbeitete Fassung für das online-Instrument IEGL). Wampersdorf: Coping.

Schaarschmidt, U. & Fischer, A. W. (2013). Lehrergesundheit fördern – Schulen stärken. Ein Unterstützungsprogramm für Kollegium und Leitung. Weinheim: Beltz.

 


[1] Ein Ergebnis, das in diesem Rahmen nicht weiter diskutiert werden kann, ist der in allen drei Gruppen hohe Anteil der Muster S. Dieser Befund gilt übrigens für alle einbezogenen Länder. Hier wird ein markanter Unterschied zu unseren früheren im Kontext der Potsdamer Studie gewonnenen Ergebnissen deutlich.


[2] Genauer gesagt lässt sich für jede Person der Grad der Passung zwischen ihrem Individualprofil und vier clusteranalytisch gewonnenen Referenzprofilen bestimmen. Diese Berechnung der Profilübereinstimmung erfolgt auf der Grundlage der über die Diskriminanzanalyse gewonnenen Diskriminanzfunktionen (vgl. Schaarschmidt & Fischer 2008a). In der Mehrzahl der Fälle ergeben sich dabei keine „reinen“ Musterzugehörigkeiten. Häufiger kommen Musterkombinationen vor. Für die meisten Personen werden demzufolge tendenzielle Zuweisungen vorgenommen. Das gilt auch für die folgende Ergebnisdarstellung.

[3] Wenn hier auf unterschiedliche Ausprägungen hingewiesen wird, handelt es sich in der Regel um statistisch gesicherte Differenzen.